Im März 2022 war es in Brandenburg rekordverdächtig trocken: Gerade einmal 0,7 Liter Wasser fielen im Durchschnitt pro Quadratmeter, mancherorts kein einziger Tropfen. Wetterextreme wie dieses stellen Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung vor große Herausforderungen und können durch den Klimawandel zukünftig sogar vermehrt auftreten. Ihnen besser begegnen zu können, ist das Ziel des Verbundforschungsprojekts „Nachhaltige und praxistaugliche Implementierung eines Entscheidungs-hilfesystems für Niedrigwasser und Trockenheit (NieTro2) gestartet. Das Projekt wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt ca. 956.000 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert.
Niedrigwasser behindert die Schifffahrt und gefährdet damit Lieferketten. Es kann zu Störungen industrieller Prozesse mit großem Kühl- oder Brauchwasserbedarf und zur Verschlechterung der ökologischen Gewässereigenschaften und Wasserqualität kommen, zum Beispiel durch erhöhte Stoffkonzentrationen und thermische Belastungen. Auch Bodenfeuchte und Grundwasserneubildung werden durch langanhaltende Trockenheit negativ beeinflusst, was zu Schwierigkeiten für Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft führt. All diese Fragen sind in der Regel nochmals vielfach komplexer, wenn man sich in dynamischen Bergbaufolgelandschaften befindet, wie sie zum Beispiel in den Braunkohlerevieren von Brandenburg und Sachsen zu finden sind.
„NieTro2“ arbeitet an modellgestützten Entscheidungshilfen für Landesämter und Landkreise, für Versorgungsunternehmen und Wasserverbraucher, ebenso wie für interessierte Bürger. Mithilfe moderner hydrologischer Modelle, aktueller Daten und Wettervorhersagen sowie benutzerfreundlicher Werkzeuge zur Datenanalyse, Datenvisualisierung und Planungsunterstützung sollen ein zuverlässiges Lagebild und verlässliche Prognosen zur Entwicklung von Indikatoren wie Wasserverfügbarkeit, Bodenfeuchte usw. zielgruppenspezifisch angeboten werden. Im Kern der geplanten Softwarelösung steht ein ständig laufendes, landesweites Wasserhaushaltsmodell ArcEGMO, welches das Büro für Angewandte Hydrologie (BAH Berlin GmbH) für das Land Brandenburg seit vielen Jahren betreibt. Neu in „NieTro2“ ist die Umstellung auf das erweitere Modellierungssystem ArcEGMO-PSCN, einem öko-hydrologischen Ansatz zur räumlich und zeitlich hochaufgelösten, physikalisch fundierten Simulation aller maßgeblichen Prozesse des Gebietswasserhaushaltes und des Abflussregimes. ArcEGMO-PSCN bietet neben einer höheren räumlichen Auflösung eine komplexe Modellierung des Vegetationswachstums und eine breitere Palette an Ausgabegrößen und Indikatoren. Kurz- und mittelfristige hydrologische Vorhersagen erfolgen unter Einbeziehung von Vorhersageprodukten des ECMWF, DWD und NOAA. Zur prototypischen Realisierung einer effizienten, skalierbaren und benutzerfreundlichen Gesamtlösung arbeitet die Disy Informationssysteme GmbH aus Karlsruhe im Projektkonsortium mit. Die Datenanalyse-Plattform disy Cadenza wird die hydrologische Modelltechnik von BAH ansteuern und dafür benutzerfreundliche, verständliche Informationszugänge mit interaktiven Visualisierungen und Datenanalyse-Dashboards für verschiedene Zielgruppen realisieren. Mobile Apps, entwickelt durch die Arbeitsgruppe rund um Prof. Dr. Frank Fuchs-Kittowski an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, werden das System abrunden und bei der Datenerfassung vor Ort und bei der Sensibilisierung für die Thematik zu unterstützen.
Die wissenschaftlich-technischen Innovationen von NieTro2 werden anhand realer Beispieldaten und -szenarien entwickelt, demonstriert und bewertet. Dazu wird das vom BAH Berlin bereits betriebene Wasserhaushaltsmodell für das Land Brandenburg genutzt und verfeinert. Als assoziierte Projektpartner ohne Förderung durch das BMDV arbeiten der Landkreis Dahme-Spreewald, das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg und die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) im Projekt mit.
Im Rahmen des Förderprogramms mFUND unterstützt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um datenbasierte digitale Innovationen für die Mobilität 4.0. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mfund.de
Anbei ein Artikel zu den mFund-Projekten HABKIS und NieTro2 auf der Kommunikations- und Vernetzungsplattform EMMET.